Was der Debatte um die Schuldenbremse fehlt

Dieser Beitrag ist am 23. 8.2024 auf telepolis.de fast wortgleich erschienen.

Das Gezerre um den Bundeshaushalt 2025 nimmt kein Ende. Die FDP hat sich der Einhaltung der Schuldenbremse als ihrem Markenkern auf Biegen und Brechen verschrieben, auch in Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen. Weil alle drei Koalitionäre vorgezogene Neuwahlen im Bund fürchten, haben es SPD und Grüne aufgegeben, eine Reform oder gar Abschaffung der Schuldenbremse in dieser Legislaturperiode anzustreben. Stattdessen tragen sie ihre Streitigkeiten um die öffentlichen Finanzen mit den Liberalen fast täglich über die Medien aus. Letztere füllen ihr Sommerloch bereitwillig mit diesem Dauerthema und diskutieren mit und ohne Fachleute eifrig, welche einzelnen Haushaltsposten unabweisbar sind und welche weniger Priorität verdienen in den konjunkturell schlechten Zeiten.

Was der Debatte praktisch vollständig fehlt, ist eine angemessene gesamtwirtschaftliche Perspektive.

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Gibt es Impulse aus dem Nichts? Die Wirtschaftspolitik scheitert an der Quadratur des Kreises

Am 29. Februar 2024 ist eine modifizierte Fassung dieses Beitrags in der Wochenzeitung „der Freitag“ erschienen.

Monatelang hat sich die Regierung blind und taub für die sich anbahnende und inzwischen eingetretene Rezession gestellt. Im Oktober ging sie in ihrer Herbstprojektion von einem Wirtschaftswachstum 2024 von 1,3 % aus. Die Begründung für diesen Optimismus damals: „Zurückgehende Inflation, Lohnzuwächse und eine stabilere Nachfrage werden zu Wachstum führen.“ Zudem habe die erwartete Entwicklung „auch mit den Maßnahmen der Bundesregierung zu tun“, so der Bundeswirtschaftsminister. Er führte dazu aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanzierte Investitionen, das Wachstumschancengesetz und einen Maßnahmenkatalog für die Bauwirtschaft an.

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Migration und Schuldenbremse – Kann die Wirtschaftswissenschaft den Extremismus „inhaltlich stellen“?

Dieser Beitrag ist am 4.2.2024 auf telepolis.de fast wortgleich erschienen.

Es ist richtig und zugleich eine Binsenwahrheit: Die Alterung der Bevölkerung Deutschlands genau wie der Klimawandel stellen unser Land und seinen Staatshaushalt vor langfristige Herausforderungen. Diese wären ohne Zweifel leichter zu bewältigen, wenn man einen realistischen Blick in die fernere Zukunft werfen könnte. Das kann man allerdings nicht. Es wird dennoch versucht, sei es mit einfachen Extrapolationen (also Fortschreibungen schon vorhandener Trends) oder mit mathematisch anspruchsvollen Modellen.

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Urteil zur Schuldenbremse – Verschärfung der Abwärtsspirale?

Dass die Höhe, in der der deutsche Staat heute und in den nächsten Jahren de facto Ausgaben auf Kredit tätigt (ganz gleichgültig, wann, wo und wie die Finanzierung dieser Ausgaben verbucht wird), einen großen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft und damit automatisch auf die europäische ausübt, steht außer Frage. … Unabhängig von volkswirtschaftlichen Theorien, Modellen, ideologischen Vorstellungen und juristischen Rahmenbedingungen muss die grundlegende Logik einer monetären Volkswirtschaft, dass die Summe aller Ausgaben gleich der Summe aller Einnahmen der Wirtschaftssubjekte ist, in jeder rationalen (Wirtschafts-)Politik berücksichtigt werden.

Das bedeutet im Kern, dass Sparen – ganz gleich von welcher Seite – ein Problem schafft, weil es immer die Einnahmen und die Gewinne der Unternehmen verringert. Berücksichtigt man das nicht, werden nicht nur die eigenen Ziele [der Wirtschaftspolitik] nicht erreicht, sondern es kommt über die nationalen Grenzen hinaus zu konjunkturellen Rückschlägen, für die die Regierung auch dann verantwortlich ist, wenn sie sie nicht beabsichtigt hat.

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Was bedeutet Sparen?

Antwort auf einen Leserkommentar

In meinem Beitrag „Christian Lindner verteidigt die Schuldenbremse auf Kosten der Gesamtwirtschaft“ steht folgender Satz: „Sparen heißt, weniger Ausgaben zu tätigen als Einnahmen zu erhalten. Und das erfordert spiegelbildlich, dass jemand mehr ausgibt, als einnimmt, sich also verschuldet.“ Das kritisiert ein Leser, der darauf hinweist, der Begriff „Sparen“ umfasse mehr als die Veränderung des Geldvermögens, nämlich zusätzlich auch noch die Veränderung des Sachvermögens. Letzteres bezeichnet man auch als (Sach-)Investition. Man müsse beides zusammen betrachten, Geld- und Sachvermögen, also das Reinvermögen bzw. dessen Änderung, wenn man von „Sparen“ spreche. Das ist vollkommen richtig, wenn man den Begriff „Sparen“ umfassend definieren will, was aber gar nicht mein Anliegen war.

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Video-Serie #VWLfuerEinsteiger

In nächster Zeit werde ich auf dem Video-Kanal https://www.youtube.com/@fspiecker-de regelmäßig Videos veröffentlichen, in denen ich Fragen zu gesamtwirtschaftlichen Themen beantworte. Dabei wird es sowohl um Aktuelles als auch um grundsätzliche Überlegungen gehen, wie eine großenteils marktwirtschaftlich organisierte Volkswirtschaft funktioniert. Was daraus für die Wirtschaftspolitik folgt, soll für Laien so verständlich wie möglich erklärt werden. Mein Interview-Partner ist Stefan Dudey.

Christian Lindner verteidigt die Schuldenbremse auf Kosten der Gesamtwirtschaft

Dieser Beitrag ist am 7.11.2023 auf telepolis.de erschienen.

In einem Gastbeitrag für den Spiegel verteidigt Bundesfinanzminister Christian Lindner die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die es dem deutschen Staat weitgehend verbietet, neue Schulden aufzunehmen, sofern keine außergewöhnliche Notsituation oder Naturkatastrophe vorliegt. Bei seiner Argumentation vernachlässigt der Bundesfinanzminister die gegenseitige konjunkturelle Abhängigkeit der vier volkswirtschaftlichen Sektoren.

Das beruht vermutlich auf der Auffassung, dass Konjunktur und langfristige Entwicklung einer Volkswirtschaft nicht viel miteinander zu tun hätten. Diese Fehleinschätzung teilt Christian Lindner mit vielen Makroökonomen. Sie führt zu einer systematisch schlechteren Wirtschaftspolitik.

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Warum Europa auf eine neue Krise des Euro zusteuert

Dieser Artikel ist am 26.10.2023 auf telepolis.de erschienen.

Die Politik hat aus der vergangenen Euro-Krise nicht viel gelernt. Die gemeinsame Währung steht erneut unter Druck. Was die Analyse am Beispiel Litauens zeigt und was zu tun wäre.

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„Prediction is very difficult, especially if it’s about the future.“

Whoever this bon mot is attributed to, it makes one smile and takes the heat out of a debate that should be about the matter at hand and not about dogmatism. Predicting economic development in times as turbulent as the present is indeed a delicate business for anyone who dares to do it. But since assessments of the future development of a country’s or continent’s economy are important for forward-looking economic policy, it is precisely then that the quality of forecasts on which decision-makers rely must be closely scrutinised.

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„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“

Wem auch immer dieses Bonmot zuzuschreiben ist, es lässt einen schmunzeln und nimmt Schärfe aus einer Debatte, in der es um die Sache gehen sollte und nicht um persönliche Rechthaberei. Die Vorhersage der Wirtschaftsentwicklung ist in so unruhigen Zeiten wie den gegenwärtigen tatsächlich ein heikles Geschäft für jeden, der sich daran wagt. Da Einschätzungen über die zukünftige Entwicklung der Volkswirtschaft eines Landes oder eines Kontinents für eine vorausschauende Wirtschaftspolitik aber wichtig sind, muss man die Qualität von Prognosen, auf die sich die Entscheider stützen, aber gerade dann genau unter die Lupe nehmen.

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