Angesichts der aktuellen Skepsis der Europäischen Zentralbank (EZB) gegenüber der Lohnpolitik gerät schnell in Vergessenheit, dass die Lohnentwicklung in Deutschland und Europa zwischen 2010 und 2020 weit hinter dem zurückgeblieben ist, was angemessen gewesen wäre für ein Inflationsziel von zwei Prozent. Die außergewöhnlichen Entwicklungen seit 2020 im Zusammenhang mit der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg überdecken lediglich, dass das Grundproblem der Europäischen Währungsunion (EWU) nicht ausgeräumt ist. Denn es gibt nach wie vor keine Gewähr dafür, dass alle EWU-Mitgliedsstaaten eine Lohnpolitik verfolgen, die weder dazu führt, dass die Preisniveaus zwischen den Ländern auseinanderlaufen, noch dazu, dass sich die Binnennachfrage zu schwach entwickelt.
Zinsen, Löhne und Produktivität gehören untrennbar zusammen weiterlesenSchlagwort: Europäische Währungsunion
Warum Europa auf eine neue Krise des Euro zusteuert
Dieser Artikel ist am 26.10.2023 auf telepolis.de erschienen.
Die Politik hat aus der vergangenen Euro-Krise nicht viel gelernt. Die gemeinsame Währung steht erneut unter Druck. Was die Analyse am Beispiel Litauens zeigt und was zu tun wäre.
Warum Europa auf eine neue Krise des Euro zusteuert weiterlesenWas ich noch sagen wollte – Anmerkungen zum 23. Karlsruher Verfassungsgespräch
Am 22. Mai 2023 ging es beim 23. Karlsruher Verfassungsgespräch im Bundesverfassungsgericht um das Thema „Gute Schulden, schlechte Schulden – wie sinnvoll ist die schwarze Null?“. Als Titel hätte man ebenso gut „Gutes Sparen, schlechtes Sparen – wie sinnvoll ist die schwarze Null?“ wählen können. Eine solche Schlagzeile wäre aber dem Publikum fremd gewesen, weil kaum je darauf hingewiesen wird, dass in einer monetären Welt jeder Verschuldung, übrigens auch jeder staatlichen Verschuldung, eine exakt gleich große Ersparnis gegenübersteht. Hier liegt der Schlüssel für die Antwort auf die vom Moderator als „einfach“ bezeichnete und am Ende gestellte Frage, wie hoch die Grenze für Staatsschulden denn auf Dauer sein dürfe oder müsse: so hoch, wie die Summe der privaten Ersparnisse. Wobei, um Missverständnisse zu vermeiden, „private Ersparnisse“ die Ersparnisse der privaten Haushalte zuzüglich der Ersparnisse der Unternehmen sind.
Leider war es in der Veranstaltung, so mein Eindruck, unmöglich, diese „einfache“ Antwort verständlich zu machen, weil sie eine gesamtwirtschaftliche Perspektive erfordert, die in unserem Land weder unter Fachleuten, noch in den Medien und infolgedessen auch nicht in der interessierten Öffentlichkeit wahrnehmbar vertreten wird. Ich möchte deshalb versuchen, jenseits ökonomischer Theorien, Parteibücher, Posten und persönlicher Eitelkeiten für mehr Rationalität bei diesem Thema zu werben. Denn ich bin der Meinung, dass wir ohne ein klareres Verständnis, welche fatalen Folgen die Schuldenbremse in unserem Grundgesetz in Kombination mit den europäischen Fiskalregeln nach sich zieht, weiter in eine wirtschaftspolitische Entwicklung hineinstolpern, die das Zeug dazu hat, die politische Radikalisierung in Europa zu beschleunigen.
Was ich noch sagen wollte – Anmerkungen zum 23. Karlsruher Verfassungsgespräch weiterlesenReform of the European fiscal rules? The German finance minister is blocking a reasonable reform
An english version of our comment on an article by Christian Lindner, German finance minister, is available.
Reform der europäischen Fiskalregeln? Der deutsche Finanzminister setzt auf Blockade
Der deutsche Finanzminister hat in einem Gastbeitrag für die FAZ behauptet, „[e]uropäische Fiskalregeln sind der Stabilitätsanker unserer Wirtschafts- und Währungsunion.“, und betont: „Sie sind auch keine variable Verhandlungs- und Interpretationssache.“ Das ist eine klare Ansage an die EU-Kommission, die im November 2022 einen Vorschlag zur Reform des Europäischen Wachstums- und Stabilitätspakts vorgelegt hat. Wenn man liest, wie der Minister seine Position begründet, muss man in höchstem Maße alarmiert sein:
Reform der europäischen Fiskalregeln? Der deutsche Finanzminister setzt auf Blockade weiterlesenPodcast über die Bundestagsanhörung zum Nachtragshaushalt
Wird die deutsche Regierung ihrer Verantwortung für Europa gerecht?
Stellungnahme für die Anhörung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags am 10. Januar 2022 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2021 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021) (BT-Drucksache 20/300)
Wird die deutsche Regierung ihrer Verantwortung für Europa gerecht? weiterlesenOsteuropa: Das vergessene und unverstandene europäische Hinterland
Osteuropa ist politisch ins Gerede gekommen. Hatte man im Westen gehofft, dass nach der großen Wende Anfang der 1990er Jahre die Region zu einem neuen Kraftfeld in Europa würde, von dem dann auch der Westen profitieren sollte, überwiegt heute die Enttäuschung. Die Region ist gekennzeichnet von der Abwanderung vieler Arbeitskräfte, der Dominanz westlicher Unternehmen und enormer politischer Instabilität bis hin zu offener Abwendung von Europa. Was ist geschehen?
Osteuropa: Das vergessene und unverstandene europäische Hinterland weiterlesenEastern Europe: The Forgotten and Misunderstood European Hinterland
Eastern Europe has become the talk of the political town. While it was hoped in Western Europe that the region would become a new power house in Europe after the Great Reunification in the early 1990s, from which the West would then also benefit, disappointment now prevails. The region is characterized by the emigration of many workers, the dominance of Western companies and enormous political instability, even open turning away from Europe. What has happened?
Eastern Europe: The Forgotten and Misunderstood European Hinterland weiterlesenEuropa in der Rezession – Ausweg Außenhandel?
Ende April meldete die europäische Statistikbehörde Eurostat, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Europäischen Währungsunion (EWU) sei gemäß einer Schnellschätzung im ersten Quartal 2021 gegenüber dem vierten Quartal 2020 um 0,6 Prozent gesunken und das BIP in der Europäischen Union (EU) um 0,4 Prozent. Beide Zeitreihen waren bereits zuvor rückläufig gewesen (-0,7 und -0,5 Prozent im vierten Quartal 2020). Jetzt, Mitte Mai, hat Eurostat diese erste Schätzung bestätigt: zwei Quartale in Folge mit negativer Wachstumsrate, Europa steckt demnach in einer Rezession (vgl. Abbildung 1).
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