Die Stiftung Familienunternehmen hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) beauftragt, zum neunten Mal seit 2006 den Länderindex Familienunternehmen zu erstellen, mit dem festgestellt werden soll, welche Länder besonders günstige Bedingungen für Familienunternehmen bieten und welche dies weniger tun. Herausgekommen ist – jedenfalls in der Art und Weise, wie das Handelsblatt das Ergebnis interpretiert -: „Deutschland stürzt im Standortwettbewerb ab“. Das ist schon deswegen Unsinn, weil es in der Studie gar nicht um ganz Deutschland geht, sondern um die Position der deutschen Familienunternehmen (falls man die separat messen kann, was allerdings zu bezweifeln ist).
Deutschland stürzt weiter ab – und zwar beim wissenschaftlichen Arbeiten weiterlesenSchlagwort: Wettbewerbsfähigkeit
Frankreich ist der große Verlierer in der Eurozone – Doch die meisten Ratschläge für seine Gesundung sind extrem gefährlich
Die OECD warnt Frankreich vor dem weiteren Verlust von Wettbewerbsfähigkeit (Der gesamte Report der OECD, nur in französisch verfügbar allerdings, findet sich hier). Anders als andere Eurozonenländer hätte Frankreich die Gelegenheit seit 2008 nicht genutzt, um seine schwache Wettbewerbsposition zu verbessern. Frankreich brauche eine konsistente Reformstrategie, um seine Produktivität zu erhöhen und seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.
Gewerkschaftsvertreter: „Wettbewerbsfähigkeit beruht nicht auf Lohndumping“
Auf der Veranstaltung „Nach der Bundestagswahl 2013: Was muss Deutschland in Europa jetzt anders machen?“ hat der neu in den DGB-Bundesvorstand gewählte Reiner Hoffmann, Landesbezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie Nordrhein, wie uns ein Leser berichtet, die Behauptung aufgestellt, Deutschland habe nicht durch Lohnzurückhaltung Marktanteile gegenüber der ausländischen Konkurrenz gewonnen. Im Exportsektor seien die Lohnabschlüsse der goldenen Lohnregel (Steigerung um den Produktivitätszuwachs plus Inflationsausgleich) gefolgt. Zwar habe in anderen Wirtschaftszweigen in Deutschland Lohnzurückhaltung geherrscht, was die Binnennachfrage geschwächt habe. Doch seien die Lohnstückkosten im Exportbereich sozusagen auf Linie. Somit könne nicht davon die Rede sein, Deutschland habe seine internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung verbessert. Der Leser fragt nun, ob der Gewerkschaftsvertreter mit dieser Argumentation recht habe (und das flassbeck-economics-Team entsprechend nicht) und man zwischen dem Exportsektor und dem Rest der Wirtschaft eines Landes stärker unterscheiden müsse. Hier meine Antwort:
„Wir sind noch nicht durch“ oder: Das ganze Elend deutscher Wirtschaftsideologie
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, hat in einer kürzlich gehaltenen Rede die Notwendigkeit weiterer Reformen am deutschen Arbeitsmarkt mit den Worten „Wir sind noch nicht durch“ bekräftigt. Die Begründung folgt den alt bekannten Mustern: Deutschlands Gesellschaft altert und hat dadurch eine große Rentenlast sowie einen Fachkräftemangel vor sich. Zudem holen die Schwellenländer technologisch auf – eine permanente Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf den Weltmärkten. Dazu die Energiewende und die hohe Staatsverschuldung. Das alles könne nur bewältigt werden, wenn wir unseren Arbeitsmarkt noch flexibler machten, und zwar, wie der Bundesbankpräsident in einem Interview näher ausführt, in der Breite: Nicht nur im untersten Lohnsegment seien die Lasten der Anpassungserfordernisse zu schultern, sondern auf allen Ebenen. Der Bundesbankpräsident will den Druck, der auch in Deutschland trotz statistisch sinkender Arbeitslosenquote immer noch auf dem Arbeitsmarkt herrscht in Form von Unterbeschäftigung und schlechter Bezahlung, breiter verteilen. Man könnte es auch so formulieren: Jens Weidmann sieht ein, dass man aus den bislang Geschröpften nicht mehr viel herausholen kann. Also müssen die nächsten ran.
Deutsche Bundesbank in der Zwickmühle
Im August-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank findet sich im Kapitel „Finanzmärkte“ ein Abschnitt über die „Anpassung der Berechnung von effektiven Wechselkursen sowie Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit im August 2013“ (Seite 51-53). Das hört sich ebenso langweilig wie kompliziert an, und mancher wird mit dem Gedanken „ist eher was für Fachleute“ weiterblättern. Was soll auch an marginalen Veränderungen bestimmter Zeitreihen interessant sein, ausgelöst durch den Beitritt Kroatiens zur EU im Juli 2013? Bei näherer Betrachtung hingegen erweist sich der Text als ein hochpolitisches Dokument. Und zwar im zweiten Teil, der geradezu unscheinbar mit „Deflator des Gesamtabsatzes für China“ überschrieben ist, bzw. in der darauf folgenden „Schlussbemerkung“.
Wirken Auf- und Abwertungen oder wirken sie nicht?
In der Geschichte ökonomischer Diskussionen gibt es immer die gleichen Abläufe. Menschen in meinem fortgeschrittenen Alter haben bestimmte Argumentationsmuster daher schon etwa zwanzig Mal miterlebt und daher dauernd schreckliche déjà-vu-Erlebnisse. Das mit Abstand beste Beispiel dafür ist die Diskussion um Währungskrisen und die Wirkung von Auf- und Abwertungen. Nachdem sich die Diskussion in der Eurokrise allmählich in die von Friederike Spiecker und mir von Anfang an für richtig gehaltene Richtung entwickelt und das Kernproblem der Währungsunion immer mehr als Problem des Auseinanderlaufens der Wettbewerbsfähigkeit identifiziert wird, betreten jetzt von rechts und von links, genau so wie in allen Krisen vorher, die Auf- und Abwertungsskeptiker die Bühne.
AfD und neoklassischer Mainstream im Wettstreit: Land unter für die Logik
Die FAZ hat ein Streitgespräch zwischen Bernd Lucke, dem Sprecher der Partei „Alternative für Deutschland“, und Dennis Snower, dem Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, über den weiteren Weg der Europäischen Währungsunion (EWU) abgedruckt. Aus Sicht der FAZ scheint das ein lohnender Diskurs zu sein. Denn beide Ökonomen sind sich zwar in der Krisenanalyse einig – mangelnde Wettbewerbsfähigkeit Südeuropas dank im Verhältnis zur Produktivität zu hoher Löhne –, aber sie vertreten gegensätzliche Standpunkte, wie die Krise zu meistern sei. Der eine möchte, dass die Südeuropäer die EWU verlassen, der andere will möglichst alle EWU-Mitglieder bei der Stange halten und dazu „atmende Fiskalregeln“ einführen.
Aus unserer Sicht ist berichtenswert, worüber sich beide Diskutanten
nicht unterhalten haben und was offenbar auch die Moderatoren der FAZ nicht interessiert: Das ist zum einen die grundsätzliche Frage, welches Verhältnis Löhne und Produktivität denn einnehmen sollten in einer Währungsunion, zum anderen die Frage, welche Folgen die vorgeschlagenen Lösungen
für Deutschland hätten.
Sinn über flexible Wechselkurse – Jetzt macht es schon Sinn
Ein Leser weist uns darauf hin, dass Hans-Werner Sinn seine Position gerade radikal ändert. In der FAZ erklärt er: „Während der flexible Wechselkurs jeden Versuch, die Wettbewerbsfähigkeit durch eine Deflation zu stärken, kompensieren würde, wirkt eine Deflation in einer Währungsunion Wunder, wie das irische Beispiel gezeigt hat. Die irische Wirtschaft hat ihr Preisniveau seit 2006 relativ zum Rest der Eurozone um 15 Prozent gesenkt, und es gelang ihr, sich auf diese Weise zu retten.“
Das ist bemerkenswert, hat der gleiche Professor doch vor einigen Jahren mit Verve vertreten, die deutschen Löhne müssten in der Größenordnung von 20 Prozent sinken, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegenüber den aufstrebenden Schwellenländern wiederherzustellen. Das, wohlgemerkt, waren und sind aber Länder, mit denen wir gerade nicht in einer Währungsunion stecken, sondern die flexible Wechselkurse hatten und haben. Es besteht also Hoffnung, dass das Argument niedriger Lohnstückkosten in Osteuropa, Fernost oder sonst wo auf der Welt (oder noch primitiver: niedriger Löhne irgendwo auf dieser Welt) als tatsächlich unsinnig erkannt und damit ad acta gelegt werden wird, statt dessen aber eine sinnvolle Währungsordnung endlich auch ins Zentrum der deutschen Diskussion rücken könnte. Nebenbei erteilt Hans-Werner Sinn mit dieser Äußerung allen Hoffnungen der deutschen Bundeskanzlerin und der EU-Kommission auf ein Erstarken der Wettbewerbsfähigkeit Europas und damit eines Rettungsankers für die europäische Konjunktur aus dem außereuropäischen Ausland eine klare logische Absage, die wir nur begrüßen können.
Angebotspolitik als Ersatz für Nachfragepolitik? Teil II
Dies ist die Fortsetzung des Beitrags vom 3.5.2013, der sich mit der Frage beschäftigt, ob die Lösung der Eurokrise mit Mitteln der Angebotspolitik möglich ist. Dass eine Nominallohnsenkungsstrategie nicht weiter hilft, sondern krisenverschärfend wirkt, wurde bereits dargelegt. Könnte es aber sein, dass wenigstens die Variante der Angebotspolitik erfolgversprechend ist, bei der eine Produktivitätssteigerung den Ausgangspunkt bildet, die nicht (oder zumindest nicht vollständig) in den Nominallöhnen weitergegeben wird wie im (in Teil I des Beitrags) geschilderten theoretischen Beispiel? Denn dort zieht doch die reale Nachfrage dank Preissenkung mit und findet zugleich eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit statt, oder? Wenn das gelänge, hätte man doch den Stein der Weisen gefunden! Dann wäre eine Angebotspolitik, die sich um die Verbesserung der Produktivität bemüht und aufpasst, dass die nicht komplett in den Löhnen landet, wo sie verfrühstückt würde, doch erfolgreich und im Vergleich zum ewigen Schuldenmachen der Nachfragepolitik der Königsweg aus der Krise, nicht wahr?
Angebotspolitik als Ersatz für Nachfragepolitik?
In der letzten Woche gab es eine große Kontroverse in der Financial Times (FT vom 26.4.2013) über die Frage, ob man nicht auch mit Maßnahmen der Angebotspolitik die Konjunktur anregen könne, statt immer auf Nachfrage durch Verschuldung zu setzen (der englischen FT natürlich, nachdem es die deutsche nicht mehr gibt; die englische war und ist in meinen Augen die beste europäische Wirtschaftszeitung). So schreibt Philip Stephens, dass solche Volkswirtschaften mehr Zeit für die Konsolidierung ihrer Staatshaushalte bekommen sollten, die angebotspolitische Reformen und eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit durchsetzen.