First-best-Utopie oder second-best-Realismus? Eine Antwort auf Willi Kolls Beitrag

„First best“ – so bezeichnet man die beste aller Lösungen. Danach kommt second best, third best usw. Willi Kolls Beitrag von gestern ist unbedingt zuzustimmen: Die first-best-Lösung der Eurokrise bestünde – der Konjunktiv steht hier vorsätzlich – darin, die „seit Beginn der Eurozone verfehlte nationale wie europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik“ durch eine „bessere Politik“ zu ersetzen. Willi Koll zählt mehrere Elemente einer solchen besseren Politik auf, die vor allem auf einen Wachstumsimpuls für die Krisenländer hinauslaufen. „Mehr Investitionen sind die Schlüsselgröße.“ schreibt Willi Koll, und auch damit liegt er vollkommen richtig.

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Liebe Grüne, die Quadratur des Kreises wird auch euch nicht gelingen

Am Morgen nach der Wahl warnte Cem Özdemir, der Bundesvorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen, in einem Interview des Deutschlandfunks auf die Frage hin, was die Grünen falsch gemacht hätten, vor Flügelkämpfen und erklärte: „… unsere Mitglieder … wollen von der Führung wissen, wie stellt man sich so auf, dass ja richtige Dinge auch mehrheitsfähig werden.“ Und was nannte er als allererstes dieser ‚richtigen Dinge‘? „Dass wir runter müssen von den Schulden, scheint klar, dass wir auf jeden Fall in die Infrastruktur investieren müssen.“

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Österreich und die Schweiz – Wunderkinder oder Trittbrettfahrer? (Teil II)

Im ersten Teil dieser Serie haben wir uns mit den außenwirtschaftlichen Verhältnissen der beiden Länder im Vergleich zu Deutschland befasst. Ohne Zweifel haben alle drei eine ausgeprägt außenwirtschaftliche Ausrichtung ihrer Wirtschaft und haben in den vergangenen zehn Jahren in hohem Maße von der Tatsache profitiert, dass es ihnen gelungen ist, durch eine relative Niedriglohnstrategie (geringe Lohnsteigerungen im Verhältnis zur Produktivität und das im Vergleich zu den wichtigsten Handelspartnern) Marktanteile im internationalen Handel zu gewinnen und dadurch positive Außenbeiträge für ihr Wachstum zu generieren. Es ist allerdings auch klar geworden, dass diese Strategie nicht beliebig fortgesetzt werden kann, was sich in der Schweiz schon in einer starken Aufwertung der eigenen Währung niedergeschlagen hat, die die Notenbank zum Eingreifen gezwungen hat und der außenwirtschaftlichen Orientierung für die nächsten Jahre klare Grenzen setzt.

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Lohndivergenzen in einer Währungsunion unproblematisch?

Ein Leser übt an unserem Beitrag zu Dirk Müllers Interview im ORF Kritik und zwar an folgender Passage: „Dass alle gleich schnell rennen, ist eben keine Voraussetzung für das Funktionieren einer Währungsunion. … Der Ausgleich unterschiedlicher Produktivität zwischen Ländern kommt … durch unterschiedliche Löhne [zustande]. Nationale Löhne sind die Gummibänder, nicht nationale Währungen. Deswegen dürfen … [sich] das Wirtschaftswachstum, die Produktivität … unterschiedlich entwickeln … Die unterschiedliche Leistungsfähigkeit und -willigkeit muss durch unterschiedliche Löhne ausgeglichen werden. Und das funktioniert eigentlich ganz gut und hat mit dem Währungssystem gar nichts zu tun.“

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Kredite aus dem Nichts – Teil II: Gefährliches Inflationspotenzial oder notwendiger Wachstumsmotor?

Was ist die Aufgabe des Finanzsektors in einer Marktwirtschaft? Die Frage eines Lesers, ob Banken Geld von Sparern brauchen, um Kredite vergeben zu können, habe ich gestern zum Anlass genommen, über Kredite ‚aus dem Nichts‘ zu schreiben. Hier die Fortsetzung:

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Österreich und die Schweiz – Wunderkinder oder Trittbrettfahrer? (Teil I)

Gerade sitze ich auf dem Balkon eines sehr schönen Hotels am Wörthersee und denke über das Land nach, bei dem ich zu Gast bin. Österreich ist uns Deutschen in vieler Hinsicht ein Rätsel, auch wenn wir hier am liebsten Urlaub machen und die Volksmusik, die von Ferne über den See zu mir herüber klingt, vielen Deutschen geradezu als Symbol von Heimat gilt – weswegen sie hier vermutlich vor allem für die Deutschen gespielt wird. Ähnliches gilt für die Schweiz. Auch hier macht der Deutsche gern Urlaub und erfreut sich der Urtümlichkeit der Landschaft und der Menschen, weiß aber wenig über die Politik in diesem kleinen Vielvölker- und -sprachenstaat und versteht die Schweizer Demokratie nicht wirklich, auch wenn er weiß, dass das Volk alles Mögliche direkt entscheiden kann und die Steuern niedrig sind und das Bankgeheimnis nicht mehr so ganz sicher ist.

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Kredite aus dem Nichts – Teil I: Wo bleibt da die Übereinstimmung von Ersparnissen und Schulden?

Ein Leser stellt uns die einfache und zugleich bedeutsame Frage: Brauchen Banken Geld von Sparern, um Kredite vergeben zu können? Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil von der Antwort abhängt, wie man den Finanzsektor in einer Marktwirtschaft ordnen soll, damit er der Realwirtschaft dient, statt sie kaputt zu machen. Alle Forderungen, die Finanzwirtschaft habe sich der Realwirtschaft unterzuordnen, bleiben inhaltlich leer, solange nicht klar ist, was der Finanzsektor in einer Marktwirtschaft prinzipiell leisten soll und wie man ihn genau dazu bringt bzw. zwingt, so dass er nichts anderes treibt, was der übrigen Wirtschaft schaden könnte.

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Deutsche Bundesbank in der Zwickmühle

Im August-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank findet sich im Kapitel „Finanzmärkte“ ein Abschnitt über die „Anpassung der Berechnung von effektiven Wechselkursen sowie Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit im August 2013“ (Seite 51-53). Das hört sich ebenso langweilig wie kompliziert an, und mancher wird mit dem Gedanken „ist eher was für Fachleute“ weiterblättern. Was soll auch an marginalen Veränderungen bestimmter Zeitreihen interessant sein, ausgelöst durch den Beitritt Kroatiens zur EU im Juli 2013? Bei näherer Betrachtung hingegen erweist sich der Text als ein hochpolitisches Dokument. Und zwar im zweiten Teil, der geradezu unscheinbar mit „Deflator des Gesamtabsatzes für China“ überschrieben ist, bzw. in der darauf folgenden „Schlussbemerkung“.

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Peer Steinbrück – wirtschaftspolitischer Wolf im sozialen Schafspelz?

Gestern habe ich mich kritisch über die wirtschaftspolitische Kompetenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie sie im Interview des Deutschlandfunks und des Senders Phoenix Mitte August zum Ausdruck kam, geäußert. Ende August wurde der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, im gleichen Programmformat befragt, und ich will mich anhand dieses Interviews mit der Frage beschäftigen, welche wirtschaftspolitischen Perspektiven dieser Kanzlerkandidat zu bieten hat. Dabei interessieren mich in erster Linie seine Aussagen zur Wirtschaftspolitik in Europa, weil ich die wirtschaftliche Entwicklung bei uns und unseren europäischen Nachbarn für absolut vorrangig vor allen anderen Themen halte. Das Thema Eurokrise mag nicht die Aufmerksamkeit der Masse der Wähler auf sich ziehen, die ihm meines Erachtens zukommen müsste. Das hindert mich aber nicht daran, ihm meinerseits einen hohen Stellenwert beizumessen.

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Angela Merkel: „Fragile Wirtschaftslage“ – und fragile Wirtschaftskenntnisse

Das Interview, das Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Deutschlandfunk und dem Fernsehsender Phoenix am 13. August gegeben hat, ist in mancher Hinsicht aufschlussreich. So erfährt der aufmerksame Zuhörer, was die Regierungschefin über die aktuelle Wirtschaftslage jenseits von Wahlkampfreden tatsächlich denkt. Während es auf der Web-Seite der Bundesregierung optimistisch heißt, „Der Monatsbericht August des Bundesfinanzministeriums unterstreicht, dass sich die konjunkturelle Belebung der deutschen Wirtschaft auch im 2. Halbjahr 2013 fortsetzen wird“, antwortet die Bundeskanzlerin, gefragt nach Unterschieden zwischen den Wahlprogrammen der Parteien: „Ich sage z.B., im Augenblick wären Steuererhöhungen jeglicher Art Gift, … weil wir damit die sehr fragile Wirtschaftslage gefährden.“ Es ist gut, dass der Regierungschefin offenbar sehr wohl bewusst ist, wie sehr sich die deutsche Konjunktur auf des Messers Schneide bewegt, auch wenn sie das wohl eher unbeabsichtigt preisgegeben hat und die regierungsamtliche Rhetorik einen anderen Eindruck zu erwecken versucht.

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