Bel paese, aber wirtschaftliche Katastrophe – warum Italien im Vergleich der großen Industrieländer so schlecht abschneidet – Teil III

Lässt man Revue passieren, was in Italien seit Beginn der Europäischen Währungsunion schief gelaufen ist, kommt man zunächst nicht auf dramatische Veränderungen. Die italienischen Unternehmen haben bis 2007 kräftig investiert. Die Exporte sind zunächst normal mit der Belebung des Welthandels gestiegen, etwa so wie in Frankreich. Der private Verbrauch war aber von Anfang an schwach. Da er ähnlich wie in Deutschland und Frankreich einen Anteil von fast 60% am Bruttoinlandsprodukt ausmacht, konnte das Wachstum insgesamt nicht so gut laufen wie in Frankreich, dessen Konsum sich wesentlich positiver entwickelte. Allerdings fiel das italienische Bruttoinlandsprodukt zwischen 1999 und 2007 etwas besser aus als in Deutschland. Danach aber kam der große Bruch.

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Uns geht es doch gut! Wirklich?

Das große Gewicht, das Deutschlands Regierung in wirtschaftspolitischen Fragen innerhalb Europas vor wie nach der Bundestagswahl beigemessen wird, beruht nicht nur auf irgendwelchen Hilfszusagen und Kreditgarantien für Krisenstaaten. Nein, es hat ganz wesentlich damit zu tun, dass in der Wahrnehmung der Bürger hierzulande wie außerhalb Deutschlands der Rückgang der deutschen Arbeitslosigkeit so zentral hervorsticht aus der Entwicklung der meisten anderen europäischen Arbeitsmärkte (vgl. Abbildung 1): Einer Halbierung der deutschen Arbeitslosenquote seit 2005 auf 5 ½ Prozent (nach Eurostat-Definition) steht eine Verdoppelung bei den europäischen Partnern seit 2007 auf im Durchschnitt 14 ½ Prozent gegenüber (Ausnahmen sind die Niederlande, Österreich und Luxemburg). Ein Land, in dem so eine positive Entwicklung möglich ist, noch dazu trotz des Ausbruchs der Finanzkrise 2008/2009, während andere massiv Probleme haben, ein solches Land muss, so die naheliegende Vermutung, wirtschaftspolitische Kompetenz haben. Den Rat der Regierenden dieses Landes kann man nicht einfach vom Tisch wischen.

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First-best-Utopie oder second-best-Realismus? Eine Antwort auf Willi Kolls Beitrag

„First best“ – so bezeichnet man die beste aller Lösungen. Danach kommt second best, third best usw. Willi Kolls Beitrag von gestern ist unbedingt zuzustimmen: Die first-best-Lösung der Eurokrise bestünde – der Konjunktiv steht hier vorsätzlich – darin, die „seit Beginn der Eurozone verfehlte nationale wie europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik“ durch eine „bessere Politik“ zu ersetzen. Willi Koll zählt mehrere Elemente einer solchen besseren Politik auf, die vor allem auf einen Wachstumsimpuls für die Krisenländer hinauslaufen. „Mehr Investitionen sind die Schlüsselgröße.“ schreibt Willi Koll, und auch damit liegt er vollkommen richtig.

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Peer Steinbrück – wirtschaftspolitischer Wolf im sozialen Schafspelz?

Gestern habe ich mich kritisch über die wirtschaftspolitische Kompetenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie sie im Interview des Deutschlandfunks und des Senders Phoenix Mitte August zum Ausdruck kam, geäußert. Ende August wurde der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, im gleichen Programmformat befragt, und ich will mich anhand dieses Interviews mit der Frage beschäftigen, welche wirtschaftspolitischen Perspektiven dieser Kanzlerkandidat zu bieten hat. Dabei interessieren mich in erster Linie seine Aussagen zur Wirtschaftspolitik in Europa, weil ich die wirtschaftliche Entwicklung bei uns und unseren europäischen Nachbarn für absolut vorrangig vor allen anderen Themen halte. Das Thema Eurokrise mag nicht die Aufmerksamkeit der Masse der Wähler auf sich ziehen, die ihm meines Erachtens zukommen müsste. Das hindert mich aber nicht daran, ihm meinerseits einen hohen Stellenwert beizumessen.

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Angela Merkel: „Fragile Wirtschaftslage“ – und fragile Wirtschaftskenntnisse

Das Interview, das Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Deutschlandfunk und dem Fernsehsender Phoenix am 13. August gegeben hat, ist in mancher Hinsicht aufschlussreich. So erfährt der aufmerksame Zuhörer, was die Regierungschefin über die aktuelle Wirtschaftslage jenseits von Wahlkampfreden tatsächlich denkt. Während es auf der Web-Seite der Bundesregierung optimistisch heißt, „Der Monatsbericht August des Bundesfinanzministeriums unterstreicht, dass sich die konjunkturelle Belebung der deutschen Wirtschaft auch im 2. Halbjahr 2013 fortsetzen wird“, antwortet die Bundeskanzlerin, gefragt nach Unterschieden zwischen den Wahlprogrammen der Parteien: „Ich sage z.B., im Augenblick wären Steuererhöhungen jeglicher Art Gift, … weil wir damit die sehr fragile Wirtschaftslage gefährden.“ Es ist gut, dass der Regierungschefin offenbar sehr wohl bewusst ist, wie sehr sich die deutsche Konjunktur auf des Messers Schneide bewegt, auch wenn sie das wohl eher unbeabsichtigt preisgegeben hat und die regierungsamtliche Rhetorik einen anderen Eindruck zu erwecken versucht.

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Stille Post vom IWF über das BMF zum Bürger

„In der alljährlichen Überprüfung der Wirtschafts- und Finanzpolitik seiner Mitgliedstaaten (so genannte Artikel-IV-Konsultationen) attestiert der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland eine Schlüsselrolle bei der Überwindung der europäischen Staatsschuldenkrise.“, schreibt das Bundesfinanzministerium (BMF) am 6.8.2013 auf seiner Homepage. Das ist sowohl hinsichtlich der vom IWF geäußerten Ansichten als auch unserer Meinung nach inhaltlich vollkommen richtig: Es hängt ganz wesentlich von Deutschland ab, ob und wie die Eurokrise ausgeht. Unter Hinweis auf die Presseerklärung des IWF formuliert das BMF: „Der IWF betrachtet Deutschland als Stabilitätsanker in Europa und verweist auf positive Übertragungseffekte, die für ganz Europa eine stabilisierende Funktion übernehmen.“

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Seifenblase schillert vor dem Platzen – Zur Konjunktur im Euroraum

Mitte August berauschte sich der deutsche Blätterwald an einer Schnellschätzung von Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, zur Konjunktur in Europa. Die +0,3 Prozent, mit der die Wirtschaftsleistung der 17 Staaten der Eurozone im zweiten Quartal saisonbereinigt gegenüber dem ersten Quartal 2013 zugenommen haben soll, markieren nach Auffassung etwa der FAZ und der SZ das Ende der Rezession im gebeutelten Währungsraum. Nach sechs aufeinander folgenden Quartalen des Rückgangs in der EWU, zuletzt -0,3% im ersten Quartal, ziehen die deutsche und die französische Wirtschaft mit einem Plus von 0,7 Prozent bzw. 0,5 Prozent die EWU-Länder aus dem Abwärtsstrudel, so die einhellige Auffassung in der Medienlandschaft.

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An das Bundesverfassungsgericht: Es gibt kein richtiges Recht innerhalb einer falschen ökonomischen Diagnose

Wenn ein Rettungssanitäter einen Rettungswagen steuert und dabei Geschwindigkeitsvorschriften missachtet, wird man ihn deswegen weder anzeigen noch gar verurteilen, ohne nach dem Grund seines überhöhten Fahrtempos zu fragen. Handelt der Fahrer so, weil er zu einem Unfallort mit Bewusstlosen gerufen worden ist, und verhält er sich auf der Fahrt so verantwortungsbewusst wie möglich, d.h. gefährdet er keine Dritten, wird die Verletzung der Verkehrsvorschriften nicht nur hingenommen, sondern sogar als notwendig angesehen. Denn es geht um das in diesem Fall gegenüber allgemeinen Verkehrsvorschriften schwerer wiegende wohlverstandene Interesse der Bewusstlosen, möglichst rasch Hilfe zu bekommen. Werden Dritte gefährdet, wird immer noch eine Abwägung der Umstände vorgenommen werden, bevor der Sanitäter angeklagt oder gar als schuldig bezeichnet würde. Außerdem wäre die Frage zu klären, ob die gefährdeten Dritten den Rettungswagen nicht etwa behindert haben, z.B. trotz Martinshorn nicht rechtzeitig an den Rand der Fahrbahn ausgewichen sind und insofern eine Mitschuld tragen. Kurzum, immer muss man sich ein umfassendes Bild der konkreten Situation machen, bevor man sie beurteilen kann. Nur den Verstoß gegen ein Gesetz festzustellen, reicht zur Urteilsfindung nicht aus.

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Was man in Augsburg über Griechenland zu hören bekommt

Professor Hans-Werner Sinn erklärte auf dem 39. Augsburger Konjunkturgespräch der IHK vergangene Woche, dass die Euro-Krise längst nicht gelöst sei. „Das Kernproblem sei, sagte Sinn, dass die Länder in Südeuropa nicht wettbewerbsfähig sind“ (so zitiert in der Augsburger Allgemeinen). Wo er recht hat, hat er recht. Doch jetzt kommt’s: „Griechenland sei noch immer 61 Prozent teurer als die Türkei, Portugal 43 Prozent.“

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