„Nicht-preisliche“ Wettbewerbsfähigkeit – eine entlastende Begründung für Handelsüberschüsse?

Heute soll es in dieser Serie (bisher sind erschienen Teil 1 und Teil 2) über die Argumente der Verteidiger deutscher Leistungsbilanzüberschüsse um die „nicht-preisliche“ Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte gehen. Das Argument lautet so: Deutsche Produkte verkaufen sich auf den Weltmärkten in erster Linie oder zumindest auch deshalb so gut, weil ihre „nicht-preisliche“ Wettbewerbsfähigkeit, etwa ihre Qualität, aber auch die Produktpalette an sich, so überragend ist, und nicht hauptsächlich deshalb, weil sie so billig oder gar zu billig angeboten würden. (Wir hatten dieses Thema am Rande eines anderen Artikels Anfang November und Ende Juli bereits gestreift.)

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Kann die „unabhängige“ Lohnpolitik nichts für Handelsungleichgewichte?

Gestern habe ich über die Unterbewertung Deutschlands geschrieben und die Frage offen gelassen, wer dafür verantwortlich ist. Die Kritik an den deutschen Leistungsbilanzüberschüssen konzentriert sich vor allem auf das deutsche Lohndumping als Ursache für die deutsche Unterbewertung und damit das Auseinanderlaufen der Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder der Europäischen Währungsunion (EWU). Die Verteidiger der deutschen Überschüsse bzw. die Leute, die die Überschüsse nicht durch eine aktive Wirtschaftspolitik verändert sehen wollen, führen gegen den Lohndumping-Vorwurf zwei Argumente ins Feld: die Unabhängigkeit der Lohnpolitik vom Staat und die geringe Bedeutung, die die Löhne für die Leistungsbilanzüberschüsse angeblich haben.

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Kein eigener Wechselkurs, also auch keine „künstliche“ Abwertung möglich?

Gestern habe ich angekündigt, zu den einzelnen Argumenten Stellung zu beziehen, mit denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die anhaltend hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse zu verteidigen sucht. Zuerst gehe ich auf folgende Behauptung ein: „Deutschland kann als Teil der Europäischen Währungsunion … nicht – wie andere Länder – seine Exportchancen durch eine künstliche Abwertung der Währung aufbessern“.

Hintergrund dieses Arguments ist der Mechanismus, dass ein Land mit eigenständiger Währung auf den Wechselkurs dadurch Einfluss ausüben kann, dass seine Zentralbank fremde Währungen an den Devisenmärkten ankauft oder verkauft. Dabei ist der Ankauf (im Gegensatz zum Verkauf) theoretisch unbegrenzt, weil das Land seine eigene Währung beliebig „drucken“ kann, um sie an den Devisenmärkten im Tausch gegen fremde Währungen anzubieten. Durch ein gesteigertes Angebot seiner eigenen Währung kann das Land den Preis seiner Währung senken: Sie wird gemessen an anderen Währungen billiger. Auf diese Weise verbilligen sich die Güter, die Unternehmen dieses Landes auf den internationalen Märkten anbieten – die Exportchancen verbessern sich also.

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Zu fadenscheinig gibt’s nicht – wie das BMWi die deutschen Überschüsse zu verteidigen sucht

Einer unserer Leser hat uns auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) aufmerksam gemacht, die unter der Überschrift „Zum deutschen Leistungsbilanzüberschuss“ gegen die Kritik an den anhaltend hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüssen anzuargumentieren versucht. Vielen Dank für diesen Hinweis, den das flassbeck-economics-Team schon deshalb zu schätzen weiß, weil er uns erneut die Möglichkeit bietet zu zeigen, wie schwer sich die deutsche Bundesregierung inzwischen tut, der Kritik an der deutschen Wirtschaftsstrategie noch etwas Handfestes entgegen zu setzen.

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Handelsungleichgewichte Teil II: Südeuropas Leistungsbilanzen signalisieren kein Ende der Eurokrise

Fortsetzung des Artikels Handelsungleichgewichte Teil I: EWU kopiert Deutschland

Sehen wir uns einmal die Entwicklung der Leistungsbilanzen der drei Krisenstaaten Griechenland, Spanien und Portugal an, um der Vorstellung etwa des deutschen Finanzministers auf den Grund zu gehen, diesen Staaten tue die Sparkur zumindest in Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit so gut, dass sie außenwirtschaftliche Impulse zur Verbesserung ihrer angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage erhielten oder zumindest erwarten könnten.

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Handelsungleichgewichte Teil I: EWU kopiert Deutschland

Mit der Kritik aus den USA ist die Debatte um die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse wieder in den Vordergrund der wirtschaftpolitischen Auseinandersetzung gerückt, die sich um die Eurokrise dreht. Die von Bundeskanzlerin Merkel im Januar geforderte und von der EU-Kommission wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) unterstützte Strategie zur Krisenlösung, nämlich dass Europa insgesamt wettbewerbsfähiger werden solle gegenüber dem Rest der Welt, beginnt erste Früchte zu tragen: Der Leistungsbilanzüberschuss der Europäischen Währungsunion (EWU 17) ist seit 2011 kräftig gestiegen und damit deutlich positiver als alle Jahre zuvor seit Bestehen der EWU (vgl. Abbildung 1). Die EU-Kommission schätzt ihn für das Jahr 2013 auf 2,7 Prozent der Wirtschaftskraft der EWU bzw. auf 264 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Für die USA wird mit einem Defizit in Höhe von 324 Mrd. Euro gerechnet.

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Bel paese, aber wirtschaftliche Katastrophe – warum Italien im Vergleich der großen Industrieländer so schlecht abschneidet – Teil II

Im ersten Teil hatten wir gezeigt, wie extrem schwierig die Lage Italiens selbst im Vergleich zu Frankreich ist. Ein Land ohne Zuwachs bei der Produktivität, bei stagnierenden Reallöhnen einerseits und Nominallöhnen andererseits, die zu hoch für eine Belebung der Exporte sind, kann ohne aktive Wirtschaftspolitik seiner misslichen Lage niemals entrinnen. Im Gegenteil, angesichts des Wettbewerbsrückstandes gegenüber Deutschland würde sich die Lage rasch weiter verschlechtern, selbst wenn es europaweit zu einer leichten Belebung käme.

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Das Paralleluniversum des Bundeswirtschaftsministeriums

Der Monatsbericht für den Juli 2013 des Bundeswirtschaftsministeriums beschäftigt sich in dem Beitrag „Wirtschaftspolitisch relevante Bewegungen in der deutschen Leistungsbilanz im Jahr 2012“ mit dem auf über 185 Mrd. Euro angestiegenen Leistungsbilanzüberschuss, den Deutschland im vergangenen Jahr erzielt hat. Im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt ist der Saldo gegenüber 2011 von 6,2 Prozent auf 7,0 Prozent gestiegen und damit in eine Größenordnung gelangt, die das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten (Macroeconomic Imbalances Procedure, MIP) in Gang setzt.

Der Beitrag liest sich wie eine Verteidigungsschrift für die Folgen deutscher Wirtschaftspolitik, die Überschüsse als gerechtfertigt einstuft, „wenn sie … das Ergebnis hoher Leistungsfähigkeit von Unternehmen in wettbewerblichen Märkten sind“ (S. 12 ebendort). Das verwundert nicht angesichts der rein merkantilistischen Ausrichtung dieser Politik. Schon die Betitelung des letzten Absatzes des Beitrags mit „Der deutsche Leistungsbilanzsaldo ist ein Marktergebnis“ spricht Bände: Wenn etwas „Marktergebnis“ ist, so die Botschaft, dann ist es per se richtig, nicht zu hinterfragen und schon gar nicht zu ändern. (Ganz abgesehen davon, dass die Hauptursache der Überschüsse, das deutsche Lohndumping, alles andere als ein reines Marktergebnis ist, sondern im Wesentlichen durch die politisch verordnete Agenda 2010 erzwungen wurde, wie wir in vielen Beiträgen gezeigt haben.)

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Es ist geschafft: Die Welt hat einen (wachsenden) Leistungsbilanzüberschuss

Uns ist es auch erst jetzt aufgefallen, aber in der Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission (ein wegen der darin enthaltenen Zahlen für die Vergangenheit (!) lesenswertes Dokument) wird auf Seite 160 ein interessantes Faktum dokumentiert: Die Welt weist einen rasant zunehmenden Leistungsbilanzüberschuss auf.

Dass dies in einer Größenordnung von um die 200 Milliarden US Dollar, ja sogar 400 Milliarden (im Jahr 2006) überhaupt ex post möglich war, liegt im Wesentlichen an statistischen Unstimmigkeiten von Export- und Importdaten. Weltweit gesehen müsste die Summe aller Importe ja theoretisch gleich der Summe aller Exporte sein, d.h. die Leistungsbilanz immer aus logischen Gründen ausgeglichen sein. Importe werden aber offenbar tendenziell unterschätzt, so dass die Welt insgesamt statistisch gesehen einen Leistungsbilanzüberschuss ausweist. Vielleicht liegt es ja daran, dass deutsche Politiker an die Überschussstrategie als unbegrenzte Lösung für Wirtschaftsprobleme glauben?

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Mehr Einigkeit unter den Ökonomen für mehr Gehör in der Öffentlichkeit?

Wolfgang Schlage, einer unserer Leser, hat auf das Interview von Heiner Flassbeck mit dem Handelsblatt vom 29.5.2013, in dem es auch um die AfD ging, folgenden Kommentar verfasst: „Herr Flassbeck hat in seiner Ursachenanalyse in fast allem völlig recht, auch darin, dass Herr Lucke von der AfD die Anpassungsschwierigkeiten für Deutschland (die es sicher gibt, auch wenn deren Ausmaß ganz ungewiss ist) und Deutschlands Mitverantwortung für die Krise eher herunterspielt. … [D]ie von der AfD vorgeschlagene Aufbrechung der Euro-Zone [löst] die von Flassbeck richtig gesehenen Probleme… Das müsste Heiner Flassbeck eigentlich auch gefallen.“

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