Uns geht es doch gut! Wirklich?

Das große Gewicht, das Deutschlands Regierung in wirtschaftspolitischen Fragen innerhalb Europas vor wie nach der Bundestagswahl beigemessen wird, beruht nicht nur auf irgendwelchen Hilfszusagen und Kreditgarantien für Krisenstaaten. Nein, es hat ganz wesentlich damit zu tun, dass in der Wahrnehmung der Bürger hierzulande wie außerhalb Deutschlands der Rückgang der deutschen Arbeitslosigkeit so zentral hervorsticht aus der Entwicklung der meisten anderen europäischen Arbeitsmärkte (vgl. Abbildung 1): Einer Halbierung der deutschen Arbeitslosenquote seit 2005 auf 5 ½ Prozent (nach Eurostat-Definition) steht eine Verdoppelung bei den europäischen Partnern seit 2007 auf im Durchschnitt 14 ½ Prozent gegenüber (Ausnahmen sind die Niederlande, Österreich und Luxemburg). Ein Land, in dem so eine positive Entwicklung möglich ist, noch dazu trotz des Ausbruchs der Finanzkrise 2008/2009, während andere massiv Probleme haben, ein solches Land muss, so die naheliegende Vermutung, wirtschaftspolitische Kompetenz haben. Den Rat der Regierenden dieses Landes kann man nicht einfach vom Tisch wischen.

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Wer kurzfristig tot ist, wird auch langfristig nicht leben

Zu unseren Argumenten hinsichtlich der negativen Wirkungen von Lohnkürzungen auf die Arbeitslosigkeit, die wir hier seit langem vertreten, habe ich jetzt wieder das Gegenargument der langen Frist gehört. In einer Podiumsdiskussion sagte einer der Teilnehmer, das könne wohl sein, dass Lohnkürzungen kurzfristig zu höherer Arbeitslosigkeit führten, langfristig könne man aber die positiven Wirkungen erwarten, die das neoklassische Arbeitsmarktmodell verspricht.

Wir hatten am Beispiel Spanien argumentiert, dass der von der spanischen Regierung verfolgte Weg, Lohnkürzungen durchzusetzen, niemals erfolgreich sein könne, weil im Zuge der Lohnkürzungen unmittelbar die Binnennachfrage sinkt und die Unternehmen Arbeitskräfte entlassen. Das lässt sich auch an dem von uns verwendeten Bild ablesen. Nachdem die Arbeitslosigkeit in Spanien wie in den meisten anderen Industrieländern schon im Zuge der schweren globalen Rezession von 2008 und 2009 gestiegen war, ging mit der massiven Lohnkürzung der Jahre danach ein zweiter Schub an Arbeitslosigkeit einher, der in direktem Widerspruch zur neoklassischen Überzeugung steht, sinkende Löhne müssten die Arbeitslosigkeit verringern.

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