Lohndivergenzen in einer Währungsunion unproblematisch?

Ein Leser übt an unserem Beitrag zu Dirk Müllers Interview im ORF Kritik und zwar an folgender Passage: „Dass alle gleich schnell rennen, ist eben keine Voraussetzung für das Funktionieren einer Währungsunion. … Der Ausgleich unterschiedlicher Produktivität zwischen Ländern kommt … durch unterschiedliche Löhne [zustande]. Nationale Löhne sind die Gummibänder, nicht nationale Währungen. Deswegen dürfen … [sich] das Wirtschaftswachstum, die Produktivität … unterschiedlich entwickeln … Die unterschiedliche Leistungsfähigkeit und -willigkeit muss durch unterschiedliche Löhne ausgeglichen werden. Und das funktioniert eigentlich ganz gut und hat mit dem Währungssystem gar nichts zu tun.“

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Der Euro kommt nach Lettland, das böse Erwachen folgt später

„Der Wunsch Lettlands zur Euro-Einführung ist ein Zeichen des Vertrauens in unsere gemeinsame Währung und ein weiterer Beweis dafür, dass diejenigen irrten, die den Zerfall der Euro-Zone vorhersagten.“, sagt Olli Rehn laut Spiegel. Und die FAZ jubelt: „Die Nachricht ist deswegen vergleichsweise schön, weil zum Jahresbeginn ein Land den Euro einführen wird, das nach einem scharfen Wirtschaftseinbruch als Folge der Finanzkrise ein erfolgreiches Gesundungsprogramm absolviert hat, das also ein Beispiel dafür ist, dass die Kombination von strenger Haushaltsdisziplin und Wirtschaftsreformen durchaus funktioniert.“

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Lettland, Löhne und die Krise

Vor ein paar Wochen haben wir schon kursorisch über einige Länder berichtet, die unter besonderen Umständen in die Eurozone gekommen sind oder sich um eine Aufnahme bewerben: Slowenien ist seit 2008 Mitglied und steckt derzeit in großen Schwierigkeiten. Estland, das den Euro 2011 einführte, hat die Anpassung innerhalb der EWU scheinbar geschafft und gilt vielen als Musterland in Sachen Anpassung und Flexibilität. Lettland hat seinen festen Wechselkurs zum Euro trotz widriger Umstände verteidigt und verdient daher die Aufnahme in die Europäische Währungsunion EWU, so die herrschende Meinung allen voran in der EU-Kommission. Dass die Kommission in Zeiten, in denen die EWU vor einer Zerreißprobe steht, über jeden Kandidaten froh ist, der durch sein Aufnahmebegehren die Attraktivität dieser Währungsunion zu belegen scheint, ist nur allzu verständlich. Und auch, dass man sich durch die zur Schau gestellte neoliberale Haltung des Kandidaten in seiner eigenen Sicht der Dinge bestätigt fühlt und gerade darum dessen Beitrittswunsch wohlwollend in Erwägung zieht, verwundert nicht. Dass die Kommission aber genau die Entwicklung, die Südeuropa im ersten Jahrzehnt der EWU genommen hat und die heute rückblickend scharf kritisiert wird, geflissentlich übersieht, obwohl sie in Lettland wie in den beiden anderen baltischen Staaten weitgehend parallel, ja sogar noch potenziert auftritt, und dass sie entsprechend keine Warnsignale setzt, das zeugt von ideologischer Verblendung.

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