Keynesianismus – was ist das?

Auf unseren letzten Beitrag in der Geldserie und die Kritik an Joseph Stiglitz erreichten uns zwei Leserzuschriften (vielen Dank dafür an dieser Stelle), auf die wir kurz eingehen wollen. Zu unserer Kritik am IS/LM-Modell fiele ihm, so ein Leser, ein, dass der Erfinder dieses Modells, John Hicks, selbst seinen Fehler eingesehen habe, als er schrieb: „I accordingly conclude that the only way in which IS-LM analysis usefully survives – as anything more than a classroom gadget, to be superseded, later on, by something better – is in application to a particular kind of causal analysis, where the use of equilibrium methods, even a drastic use of equilibrium methods, is not inappropriate… When one turns to questions of policy, looking towards the future instead of the past, the use of equilibrium methods is still more suspect. For one cannot prescribe policy without considering at least the possibility that policy may be changed. There can be no change of policy if everything is to go on as expected – if the economy is to remain in what (however approximately) may be regarded as its existing equilibrium.“ (Ich schließe entsprechend daraus, dass die einzige Art und Weise, wie die IS/LM-Analyse nützlich überlebt – nämlich als mehr als eine Klassenzimmerspielerei, die später durch irgendetwas Besseres ersetzt wird –, in der Anwendung auf eine spezielle Art kausaler Analyse besteht, wo der Gebrauch von Gleichgewichtsmethoden, auch ein drastischer Gebrauch von Gleichgewichtsmethoden, nicht unangemessen ist. … Wenn man sich Fragen der Politik zuwendet, dann ist hinsichtlich der Betrachtung der Zukunft statt der Vergangenheit die Verwendung von Gleichgewichtsmethoden noch verdächtiger. Es kann keine Politikveränderung geben, wenn alles wie erwartet weitergeht – wenn die Wirtschaft in dem verharrt, was (wie annäherungsweise auch immer) als ihr herrschendes Gleichgewicht angesehen werden mag.“ (zitiert nach
http://www.debtdeflation.com/blogs/2009/02/18/some-curious-neoclassical-rumblings/#sthash.VFU9QlCB.dpuf; Übers. d. Verf.)

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Unser Geldsystem XXIII: Keynes und die Keynesianer (2)

Wie im vorigen Beitrag dieser Serie angekündigt wollen wir heute einen näheren Blick auf das IS/LM-Modell werfen, das zur Standarddarstellung des Keynesianismus geworden ist. Sein Gleichgewichtscharakter ist unser zentraler Kritikpunkt, weil er impliziert, dass die Marktwirtschaft ein in sich stabiles System ist. In einem Gleichgewichtsmodell neigen bestimmte Größen dazu, sich einander anzugleichen und das System auf diese Weise automatisch zu einem Ruhepunkt zu führen (wenn dafür auch einige „Anpassungsrunden“ benötigt werden mögen). Der ganze Stolz der Keynesianer war es, anhand eines Modells zeigen zu können, dass ein Zustand mit Arbeitslosigkeit, also mit einem nicht geräumten gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarkt, möglich und stabil ist, auch wenn die Arbeiter gemäß ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden. Das schien ihnen die große Neuerung gegenüber der neoklassischen Theorie zu sein, die ihrerseits Arbeitslosigkeit als entweder freiwillig abtat oder auf eine falsche, d.h. im Vergleich zur Grenzproduktivität zu hohe Entlohnung zurückführte. Die beiden zentralen Gleichungen, die John Hicks aus den Gedanken von Keynes entnehmen zu können glaubte und aus denen er die keynesianische Theorie formte, waren die IS-Gleichung und die LM-Gleichung, die dem Modell den Namen gaben.

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Unser Geldsystem XXII: Keynes und die Keynesianer (1)

In unserer Serie über das Geld hat bislang das, was gemeinhin als Keynesianismus bezeichnet wird (womit gerade nicht die Schriften von John Maynard Keynes gemeint sind), keine große Rolle gespielt. Mancher Leser mag sich fragen, woran das liegt, oder wartet darauf zu erfahren, was wir dieser Theorierichtung zur Lösung der vielen Fragen rund um unser Geldsystem abgewinnen können. Die Antwort ist einfach: Wenig. Schon sehr bald nach den wichtigen Arbeiten von Keynes hat sich der Großteil der Ökonomen, die als Keynesianer (oder als Anhänger der neoklassischen Synthese, später kamen noch Neo-Keynesianer und Neu-Keynesianer hinzu) bezeichnet werden oder sich selbst so nennen, eigene Spielwiesen geschaffen, ohne rechten Kontakt zur Wirklichkeit der existierenden Marktwirtschaft, aber immer bemüht, die formale Eleganz des neoklassischen Systems zu kopieren – und das auch um den Preis, die entscheidenden Zusammenhänge auszublenden.

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Unser Geldsystem XXI: Der Zins (6)

Im vorigen Teil haben wir empirisch gezeigt, dass es einen entscheidenden Bruch in den Grundbedingungen für Wachstum in den westlichen Volkswirtschaften gibt. Vor 1980, insbesondere aber in den Jahren des Bretton Woods Abkommens (also bis Anfang der 70er Jahre), herrschten geldpolitisch vollkommen andere Bedingungen als nach dem Beginn der monetaristischen Revolution. Damit erweist sich jede Pauschalisierung im Sinne einer Durchschnittsbehandlung der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von vorneherein als verfehlt. Wer Schlussfolgerungen zieht, die sich auf empirische Ergebnisse für diesen gesamten Zeitraum oder noch größere Zeiträume beziehen (wie das etwa Thomas Piketty tut), kann nur zufällig, nicht aber systematisch richtig liegen.

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Unser Geldsystem XX: Der Zins (5)

Nach unseren letzten beiden Stücken zum Zins steht noch aus, konkret zu zeigen, wie sich die Zinsverhältnisse in den wichtigsten Ländern der Welt über einen längeren Zeitraum entwickelt haben. Wir hatten ja herausgearbeitet, dass ein positiver Geldzins ohne Wachstum keine Daseinsberechtigung hat und (zumindest im kurzfristigen Bereich) tatsächlich bei Stagnation auch verschwindet, wie es das Beispiel Japans zeigt. Letztlich, so unsere Schlussfolgerung, kommt es auf das Verhältnis von Geldzins zu Wachstum an, wenn man einschätzen will, ob es der Wirtschaftspolitik gelungen ist, vernünftige Wachstumsbedingungen zu schaffen.

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Unser Geldsystem XIX: Der Zins (4)

Die konsequente Trennung von Geldzins (hier synonym für Zinssätze auf Finanzkapital unabhängig von dessen Fristigkeit, also für kurz und langfristige Zinsen) und der Rendite auf Sachkapital, das hat der vorige Teil dieser Serie gezeigt, schafft den Zugang zur Erklärung der Dynamik einer monetären Marktwirtschaft. Wann immer diese Trennung ignoriert oder vernachlässigt wird, ergeben sich Fehlschlüsse, die für die wirtschaftspolitischen Empfehlungen, die man aus der Analyse ableiten kann, gravierend sind.

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Unser Geldsystem XV: Was ist eigentlich Geld?

Ein Leser bemerkt zu einem unserer Artikel im Zusammenhang mit Sparen und Verschulden, es sei doch eine, wenn auch weit verbreitete Fiktion zu glauben, unsere Banknoten stellten eine Forderung gegenüber der Zentralbank dar. Diese Fiktion stamme wohl aus Zeiten des Goldstandards, als man von der Zentralbank tatsächlich den Umtausch von Geldscheinen in Gold verlangen konnte. Der Leser meint, wenn Geld überhaupt eine Art Forderung darstelle, dann nur eine „gegen den Markt“, weil man nur dort etwas eintauschen, etwas kaufen könne. Diese Frage ist sicher von allgemeinem Interesse für unsere Leser und passt sehr gut in unsere Serie über das Geldsystem. Wir werden in den abschließenden Folgen unsere eigene Auffassung, was Geld eigentlich ist und welche Rolle es im Rahmen einer monetären Marktwirtschaft gegenüber der Realwirtschaft spielt und spielen sollte, klarer darlegen und wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen daraus ziehen.

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