Stille Post vom IWF über das BMF zum Bürger

„In der alljährlichen Überprüfung der Wirtschafts- und Finanzpolitik seiner Mitgliedstaaten (so genannte Artikel-IV-Konsultationen) attestiert der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland eine Schlüsselrolle bei der Überwindung der europäischen Staatsschuldenkrise.“, schreibt das Bundesfinanzministerium (BMF) am 6.8.2013 auf seiner Homepage. Das ist sowohl hinsichtlich der vom IWF geäußerten Ansichten als auch unserer Meinung nach inhaltlich vollkommen richtig: Es hängt ganz wesentlich von Deutschland ab, ob und wie die Eurokrise ausgeht. Unter Hinweis auf die Presseerklärung des IWF formuliert das BMF: „Der IWF betrachtet Deutschland als Stabilitätsanker in Europa und verweist auf positive Übertragungseffekte, die für ganz Europa eine stabilisierende Funktion übernehmen.“

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Das Paralleluniversum des Bundeswirtschaftsministeriums

Der Monatsbericht für den Juli 2013 des Bundeswirtschaftsministeriums beschäftigt sich in dem Beitrag „Wirtschaftspolitisch relevante Bewegungen in der deutschen Leistungsbilanz im Jahr 2012“ mit dem auf über 185 Mrd. Euro angestiegenen Leistungsbilanzüberschuss, den Deutschland im vergangenen Jahr erzielt hat. Im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt ist der Saldo gegenüber 2011 von 6,2 Prozent auf 7,0 Prozent gestiegen und damit in eine Größenordnung gelangt, die das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten (Macroeconomic Imbalances Procedure, MIP) in Gang setzt.

Der Beitrag liest sich wie eine Verteidigungsschrift für die Folgen deutscher Wirtschaftspolitik, die Überschüsse als gerechtfertigt einstuft, „wenn sie … das Ergebnis hoher Leistungsfähigkeit von Unternehmen in wettbewerblichen Märkten sind“ (S. 12 ebendort). Das verwundert nicht angesichts der rein merkantilistischen Ausrichtung dieser Politik. Schon die Betitelung des letzten Absatzes des Beitrags mit „Der deutsche Leistungsbilanzsaldo ist ein Marktergebnis“ spricht Bände: Wenn etwas „Marktergebnis“ ist, so die Botschaft, dann ist es per se richtig, nicht zu hinterfragen und schon gar nicht zu ändern. (Ganz abgesehen davon, dass die Hauptursache der Überschüsse, das deutsche Lohndumping, alles andere als ein reines Marktergebnis ist, sondern im Wesentlichen durch die politisch verordnete Agenda 2010 erzwungen wurde, wie wir in vielen Beiträgen gezeigt haben.)

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Seifenblase schillert vor dem Platzen – Zur Konjunktur im Euroraum

Mitte August berauschte sich der deutsche Blätterwald an einer Schnellschätzung von Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, zur Konjunktur in Europa. Die +0,3 Prozent, mit der die Wirtschaftsleistung der 17 Staaten der Eurozone im zweiten Quartal saisonbereinigt gegenüber dem ersten Quartal 2013 zugenommen haben soll, markieren nach Auffassung etwa der FAZ und der SZ das Ende der Rezession im gebeutelten Währungsraum. Nach sechs aufeinander folgenden Quartalen des Rückgangs in der EWU, zuletzt -0,3% im ersten Quartal, ziehen die deutsche und die französische Wirtschaft mit einem Plus von 0,7 Prozent bzw. 0,5 Prozent die EWU-Länder aus dem Abwärtsstrudel, so die einhellige Auffassung in der Medienlandschaft.

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Quo vadis, EWU? Teil 5: Das Damoklesschwert Wechselkurs ist leider unentbehrlich

Ausgangspunkt dieser Beitragsserie war die Kritik Rudolf Hickels (die andere teilen) an Überlegungen, die Krise der EWU durch ein Ende des Euro in seiner jetzigen Form zu überwinden. Das Ergebnis der bisherigen Ausführungen lautete, dass ein Währungsverbund, dem mindestens ein „Hartwährungsland“ angehört, gegen Spekulationswirren auf den Devisenmärkten und starke Handelsungleichgewichte helfen kann, wenn er über eine Kombination aus Wechselkurs- und Zinspolitik Inflationsdifferenzen ausgleicht. Um wenig vorhersagbar und damit möglichst nicht spekulationsanfällig zu sein, sollte der Mix, wann welche Instrumente und von welcher Notenbank eingesetzt werden, variieren. Je kleiner und je unsystematischer die Inflationsdifferenzen innerhalb des Verbundes sind, desto stabiler ist er. Denn dann verlocken keine großen und systematischen Zinsdifferenzen zu carry trades, und keine massive Auslandsverschuldung macht Wechselkursanpassungen absehbar und damit zum geeigneten Spekulationsobjekt.

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Quo vadis, EWU? Teil 4: Kooperation als unentbehrliches Mittel gegen Spekulation auf Zinsdifferenzen

Die Notenbank eines Landes mit eigener Währung kann Inflationsdifferenzen gegenüber den Handelspartnerländern durch eine Kombination aus Wechselkurs- und Zinspolitik abzufedern versuchen. Dabei muss sie einen Wechselkurs zu den Währungen der Handelspartner ansteuern, der ungefähr der Kaufkraftparität entspricht. Denn das sorgt auf Dauer für insgesamt hinreichend ausgeglichene Handelsströme und schützt das Land vor Überschuldung im Ausland wie vor Ansammlung großer ausländischer Vermögensbestände (die, wie viele Währungskrisen gezeigt haben, nicht vor Entwertung geschützt wären). Zugleich soll Spekulationen gegen die eigene Währung am Devisenmarkt vorgebeugt werden, indem die Zinsen so festgesetzt werden, dass zu erwartende Wechselkursänderungen durch Zinsdifferenzen ausgeglichen werden (Zinsparität).

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Quo vadis, EWU? Teil 3: Spekulation auf Wechselkurse – Stolperstein für jedes Währungssystem?

Kann ein Währungssystem die Gratwanderung zwischen Inflationsausgleich und Spekulationsanfälligkeit meistern? Das war die Frage, mit der Teil 2 dieser Serie endete und mit der ich mich in diesem Beitrag auseinandersetze.

Spekulation kann immer dann gewinnträchtig betrieben werden, wenn man Preisentwicklungen richtig vorhersieht. Dann kann man sich auf die Marktseite begeben, zu deren Gunsten sich die Preise entwickeln werden, und nach Eintritt der prognostizierten Entwicklung seine Geschäfte gewinnbringend abwickeln. Ein Beispiel: Wer die Steigerung eines Rohstoffpreises richtig voraussieht, kann diesen Rohstoff (oder Wertpapiere, die auf diesen Rohstoff lauten) einkaufen und nach eingetretener Preissteigerung verkaufen. Die Differenz von Einkaufs- und Verkaufspreis ist (abzüglich der Transaktionskosten) sein Spekulationsgewinn. (Das funktioniert auch bei fallenden Preisen, z.B. mittels Leerverkäufen.)

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Schäubles Schilda

Einen Tag nach der Zustimmung des griechischen Parlaments (mit äußerst knapper Mehrheit) zur Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten bis Ende 2014 stattete der deutsche Bundesfinanzminister Athen gestern einen Besuch ab. Im Gepäck hatte er die Zusage von 100 Millionen Euro für einen griechischen Wachstumsfonds, der die Finanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen fördern soll.

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Nachtrag zu „Wie das Ende beginnen könnte“

Heiner Flassbeck hatte vor neun Tagen in seinem Beitrag „Portugal und Griechenland in der politischen Krise oder wie das Ende beginnen könnte“ darauf hingewiesen, in welcher Zwickmühle die Regierungen der Krisenländer stecken und wie brüchig sie daher geworden sind. Sie können einerseits die Proteste der eigenen Bevölkerung angesichts der immensen Nöte und Sorgen, die die steigende Arbeitslosigkeit mit sich bringt, nicht einfach ignorieren, manch ein Regierungsmitglied wirft das Handtuch. Andererseits sehen sie sich durch die Auflagen der Troika für die Gewährung von Finanzhilfen gezwungen, den Vorstellungen der Geldgeber in Sachen Sparen und Reformen nachzukommen, auch wenn deren kurzfristig negativer Einfluss auf die Wirtschaftslage unbestreitbar ist und ihr langfristiger Erfolg bislang ein vages Versprechen bleibt. „Bricht dann eine europatreue Regierung auseinander und folgen Neuwahlen, werden irgendwann (das ist nur eine Frage der Zeit) Kräfte an die Macht kommen, die nicht mehr bereit sind, die Troika-Konditionen zu akzeptieren.“ schrieb Heiner Flassbeck.

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Quo vadis, EWU? Teil 2: Lehren aus dem EWS

Der erste Teil dieser Serie zur Eurokrise endete mit folgendem Zitat aus Rudolf Hickels Beitrag „Raus aus dem Euro, zurück ins Chaos“ in den Blättern für deutsche und internationale Politik: „Wie auch immer die alternativ zum Euro vorgeschlagenen Wechselkursregime im Einzelnen ausfallen, am Ende würden die spekulativen Triebkräfte die Wechselkursbildung irrationalisieren.“ In diesem zweiten Teil will ich mich mit der Frage beschäftigen, ob es tatsächlich keine andere Möglichkeit gibt, die Devisenspekulationen auszutrocknen, als die, ihnen die Basis dadurch zu entziehen, dass man die Währungen relativ kleiner Länder abschafft und große Währungsräume bildet. Denn das wäre ein starkes Argument für den Erhalt des Euro.

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Quo vadis, EWU? Teil 1: Wie man den Euro nicht verteidigen kann

In seinem „Raus aus dem Euro, zurück ins Chaos“ überschriebenen Beitrag für die Blätter für deutsche und internationale Politik (Ausgabe 7’13) kritisiert Rudolf Hickel Vorschläge, die auf ein Ende des Euro in seiner jetzigen Form hinauslaufen. Er verteidigt die Gemeinschaftswährung als erstes mit dem Argument, dass „Devisenspekulationen, die die Wechselkurse auf Kosten der einzelnen Staaten beeinflussen, … dem Euroraum in den vergangenen zehn Jahren erspart geblieben [sind]. Es bedarf dagegen keiner großen Phantasie, sich die noch weitaus verheerenderen Ausmaße der derzeitigen Finanzmarktkrise vorzustellen, wenn diese unter dem Diktat von Spekulation gegen die einzelnen Währungen in Europa erfolgt wäre.“

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